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Präsentation meines Geschäftsfeldes vor dem BNI Neu-Delhi

Meine Reise nach Indien als Freelancer – ein Erfahrungsbericht

Gemeinsam mit einem Freund war ich vor kurzer Zeit in Indien, um mich in der dortigen IT- und Web-Szene umzusehen. Als Freelancer habe ich regelmäßig Angebote per Mail bekommen, in denen es um mögliche Zusammenarbeiten ging – aber was würde das konkret bedeuten? Worauf lässt man sich ein? Natürlich kann man viel über Skype & E-Mail regeln, kleine Aufträge dort erledigen lassen und hier das Qualitätsmanagement durchführen… aber lohnt sich das oder hat man am Ende nur mehr Ärger? Und mit wem redet man da eigentlich wirklich, wenn man mit jemandem chattet?

Lohnt sich die Reise?

Bevor ich mich dazu entschlossen hatte, mit Chris, einem langjährigen Freund von mir, nach Indien zu gehen um eine mittelgroße Firma zu besuchen, wollte ich sichergehen, dass es keine Zeitverschwendung sein würde. Also ließ ich die Jungs da unten, die ich über ein Auftragsportal kennengelernt hatte, mal ein kleines Projekt für mich umsetzen, was auch recht gut klappte. Innerhalb einer Woche konnte ich das Ergebnis begutachten: Eine Umsetzung eines PSD-Layouts für ein WordPress Template im Auftrag meiner Web-Agentur.  Ein Blick in den Code offenbarte mir schon, dass es zwischen meinen Gewohnheiten und den Indern schon Unterschiede gab – aber die gibt es schließlich von Mensch zu Mensch auch hier in Deutschland. Bei einem zweiten Projekt ging es um die Umsetzung eines eigenen WordPress Plugins – auch das wurde schnell geliefert, aber hier musste ich etwas mehr Nacharbeit leisten, um es anschließend wirklich vermarkten zu können. Die Probearbeiten hatten zur Folge, dass ich Vikal und sein Team gerne einmal kennenlernen würde.

So sagte ich Chris zu und wir flogen Ende August 2016 nach Indien – genauer gesagt zunächst nach Neu-Delhi und anschließend weiter nach Surat, eine Stadt, die für ihre Friedlichkeit und ihre Diamanten-Verarbeitung bekannt ist. Über 90% aller Diamanten, die weltweit verkauft werden, kommen zum Schleifen durch Surat.

Das E-Visa

Bevor wir überhaupt ins Land gelassen wurden, kontrollierte man unsere e-Visas. Diese hatten wir bereits 30 Tage vorher beantragt (das Indien-Visum holt man sich am besten online). Es gab keine weiteren Probleme. Ich rate jedem, nicht den traditionellen Weg über die Visa-Stelle in Deutschland zu gehen. Dauert zu lange, kostet zu viel und man muss seinen Reisepass per Einschreiben verschicken, wenn man nicht hinfahren will.

Teil 1: In Surat

In Surat angekommen, ließen wir uns im Gateway Hotel nieder und aßen gleich einmal indisch zu Abend. Natürlich war’s genauso scharf wie wir es erwartet hatten, aber immer noch verträglich. Das Hotel ist – wie wir später erfuhren – wohl eines der  besten (aber auch teuersten) in Surat und wird von einem der größten indischen Unternehmer, Tata, betrieben. Tata hat in allen Branchen seine Finger im Spiel, sogar Autos und LKWs des Unternehmens fahren durch die Städte.

Am kommenden Morgen wurden wir von einem der drei Partner von Vikal abgeholt. Zunächst war ich verwirrt – ich hatte immer nur direkt mit Vikal selbst gesprochen, erfuhr jetzt aber, dass nicht er alleine das 60 Mann starke Unternehmen leitete, sondern dass er noch zwei Partner hatte. Über Skype merkt man natürlich nicht, dass es da noch mehr Leute gibt – du redest immer nur mit einem! Die drei selbst sehen auch keine Notwendigkeit, ihre Kunden darüber aufzuklären, dass sie alle drei die Nachrichten gleichzeitig sehen. Wie dem auch sei – der Partner begrüßte uns mit zwei Rosen-Sträußen und brachte uns durch das Gewirr der Straßen direkt zum Büro.

Dort angekommen, führte man uns etwas herum und erklärte die einzelnen Fachbereiche. 40 Mitarbeiter saßen in einem Raum, die anderen teilten sich weitere Räume. Das Unternehmen deckt alles ab, was es an Entwicklung im Web und im mobilen Sektor zu tun gibt.

Nachdem wir mehrere Stunden über mitgebrachte Projekte diskutiert hatten, wurden wir zum Essen eingeladen. Ranshid, der uns vom Hotel abgeholt hatte, brachte uns zu einem “Italiener”. Besser gesagt in ein von Indern betriebenes italienischen Restaurant. Chris bestellte Pizza und bereute es, meine Nudeln dagegen waren klasse.

Erste direkte Bekanntschaften

Am Abend hatten wir die Freude, gemeinsam mit Ranshids Frau und der kleinen Tochter zum Essen in ein schickes Restaurant zu gehen, in dem es ein Buffet gab, das wirklich gut war. Sowohl indisches, scharfes Essen als auch europäisches wurde aufgetischt. Hier traf ich einen jungen Mann, der wie ich, blond war (sprich: kein Inder :-D). Nach einem kurzen Gespräch stellte sich heraus, dass er ebenfalls geschäftlich für seine Firma aus “Schtuhgard (Schreibe: Stuttgart)” in der Stadt war, um Maschinen einzurichten. Ranshids Frau fand uns gleich sympathisch und lud uns für den folgenden Abend direkt zu sich nach Hause ein, um uns indisch zu bekochen.

Nachdem wir auch die erste Hälfte des zweiten Tags in Surat mit Projektbesprechungen verbrachten, wurden wir von Vikal und dem dritten Geschäftsführer mit auf eine Tour durch den Markt und die Altstadt in Surat genommen. Sie offenbarten uns, dass sie selbst eigentlich nie dort hin gehen würden. Zu viele Menschen, zu enge Straßen und überall Kühe. Aber für uns würden sie das auf sich nehmen. Zudem hatte Vikal scheinbar großes Interesse, uns seinen Glauben genauer zu zeigen.

Der Jain-Glaube

Nachdem wir durch den Markt gelaufen waren, wollte Vikal zum Beten in einen Jain Tempel. Er nahm uns mit und zeigte uns die Gottheiten, die dort verehrt wurden. Vor allem Ganesh, ein Gott mit einem Elefanten-Kopf, gehört zu einem der allerwichtigsten Götter. Zuerst wurde uns die Mythologie berichtet, [tooltip text=”Shiva beobachtete gerne seine Frau Parvati beim Baden – was ihr aber nicht sonderlich gefiel! So formte sie aus dem Lehm, mit dem sie vorher ihren Körper eingerieben hatte, einen kleinen Jungen. Sie benetzte ihn mit Gangeswasser und erweckte die Figur so zum Leben. ‘Ganesh sollst du heißen’, sagte die Göttin und trug ihrem Sohn auf, vor ihrem Badehaus Wache zu halten.

Eines Tages kam Shiva und wollte seiner Frau wieder mal beim Bad zusehen. Ganesh versperrte ihm den Weg. In einem Anflug von Zorn schlug Shiva Ganesh den Kopf ab. Nun war es an Parvati zornig zu sein! Sie befahl ihrem Gatten, dem Ganesh sofort einen neuen Kopf zu besorgen. Darauf hin schicke Shiva seine Dienerschaft in die Welt – sie sollten einen neuen Kopf für Ganesh besorgen. Der erste Diener der zurück kam brachte einen Elefantenkopf mit.” trigger=”hover”]wie der Gott zu seinem Elefantenkopf kam[/tooltip]. Beobachtet wurden wir von einem alten Mann, der uns anschließend für eine exklusive Tour durch einen Tempel führte, den nicht einmal die beiden Inder so gesehen hatten.

Bei den Vertretern des Jain-Glaubens handelt es sich um Veganer. Das geht jedoch so weit, dass sie zum Schutz der Lebewesen in den krassesten Fällen nicht einmal Schuhe tragen, um keine Insekten zu zertreten. Sie essen auch keine Früchte, die unter der Erde wachsen, weil sich Insekten darin befinden könnten. Sie glauben wie die Hindis ebenfalls an die Reinkarnation und das Karma und wollen deshalb gewaltfrei leben. So viel hatte ich verstanden 😉

Der Abend im familiären Umfeld

Wie bereits am Vortag geplant, wurden wir von Vikal und seiner Frau direkt nach Hause in die kleine Wohnung eingeladen. Auch Vikals Mutter lebt dort mit ihnen, sein Vater war vor mehreren Jahren gestorben. Während wir aufwändig zubereitetes indischen Essen genossen (zum Glück war es nicht scharf), erfuhren wir, dass Vikal und seine Frau in einer von deren Eltern arrangierten Ehe lebten. Das schien sehr gut zu funktionieren und sie erzählten uns viel darüber, wie sie selbst mit dieser Art von Ehe sehr zufrieden waren, wie sie sich angenähert hatten und wie auch nichts anderes in Frage kam. Für uns Europäer unverständlich, dort Gang und Gäbe. Reich an Erfahrungen und Nahrung verabschiedeten wir uns spät abends von der kleinen Familie und fuhren mit einem Uber-Fahrer zurück ins Hotel. Eigentlich die beste Art, in Indien voranzukommen. Schnapp’ dir die App, lass einen Fahrer kommen, wisse schon vorher, was du zu zahlen hast und alles andere geschieht von selbst. Empfehlenswert!

Der nächste Abend: Unterwegs mit Teenagern

Im Verlauf des nächsten Tages aßen wir mittags bei McDonalds und wurden von mehreren Teenagern immer wieder beobachtet. Kurzentschlossen setzten wir uns zu ihnen und begannen ein Gespräch, das zu einer erneuten Einladung nach Hause mündete. Es stellte sich heraus, dass die Teens Computerwissenschaften studierten und sehr zu uns “Deutschen” hoch sahen. Einer wollte wissen, wie man in Deutschland Fuß fassen könne – was man dazu an Qualifikationen in Indien erlernen sollte. Diese und weitere Fragen beantworteten wir ihnen gerne beim Essen, das von einer der Mütter wieder einmal für uns zubereitet wurde. Am Ende eines sehr geschmackvollen Abends bedankten sich Vater und Mutter für die Ehre, die wir Ihnen durch unseren Besuch bereitet hatten.

Was haben wir in Surat für unser Business gelernt?

Eigentlich nichts wirklich Neues, aber ich fasse mal zusammen:

  • Über Skype weißt du nie, mit wem du es wirklich zu tun hast. Du glaubst du sprichst mit Person A – und NUR mit Person A? Pustekuchen!
  • Der ausgemachte Stundenlohn heißt gar nichts. Inder haben kein Problem damit, die zehnfache Anzahl an Stunden abzurechnen, wenn sie denken, das sie das können. Erst, wenn man sie gut kennt und weiß, wie seine Partner ticken, kann man einschätzen, ob man gerade übers Ohr gehauen wird oder nicht.
  • Persönliche Bekanntschaften vertiefen jede Art von Beziehung. Auch die nach Indien.
  • Sie können zwar schnell liefern, jedoch muss die Qualität hierzulande jedes Mal überprüft werden. Das sollte unbedingt in einer Kostenkalkulation berücksichtigt werden.
  • Zahle niemals den gesamten Preis am Anfang. Sie werden das immer wieder einfordern. Arbeite immer mit Meilensteinen und lasse nicht locker, bis erfüllt wurde, was abgemacht war.
  • Es gibt starke regionale Unterschiede in Preis und Qualität. In Surat liegt man im unteren Mittelfeld, was den Preis betrifft. Die Qualität der Leistung ist jedoch in Ordnung.
  • Kommunikation ist alles. Kommuniziere genau, regelmäßig und lasse alles rückbestätigen. Nur dann kannst du davon ausgehen, dass du kriegst, was du wolltest.

Teil 2: Neu-Delhi

Nach vier Tagen in Surat ging es weiter in die Hauptstadt Indiens. Hier hatten wir unter anderem drei wichtige Vorhaben:

  1. Treffen mit dem BNI Indien, Chapter Neu-Delhi
  2. Ein Meeting meinerseits mit einer früheren Geschäftspartnerin einer indischen Firma, um ein neues Projekt zu besprechen
  3. Treffen mit Markus Spieker, dem derzeitigen ARD-Hauptstadt-Studio-Leiters Neu-Delhi

Im BNI Neu Delhi

Das BNI ist eine weltweit vernetzte Organisation für Unternehmer, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Mitgliedern bei der Auftragsgenerierung behilflich zu sein, indem die Mitglieder eines jeden Chapters sich gegenseitig weiterempfehlen. Hier bei mir in Mosbach gibt es ebenfalls ein solches Chapter, das sehr erfolgreich agiert und sich (aus meiner Sicht) vor allem für Handwerker sehr lohnt. In Delhi trafen wir mehr als 25 der Mitglieder und konnten unser Geschäft dabei präsentieren sowie mit vielen, überaus erfolgreichen Mitgliedern ins Gespräch kommen. Hier trafen wir auch Mike, einen weltweit tätigen Fashion-Fotografen, der es sich anschließend zur Aufgabe machte, uns durch die Szene in Delhi zu führen und Insider-Locations aufzuzeigen.

Meeting mit Kilyha zu aktuellen Projekten

Kilyha, meine Ansprechpartnerin in einem 80 Mann starken Unternehmen in Pune, war extra wegen meines Besuchs in Delhi angereist. Gemeinsam besprachen wir über 6 Stunden aktuelle Projekte – manche davon hatte ich auch schon mit den Jungs in Surat besprochen. Dennoch konnte es nicht schaden, am Ende mehr als nur ein Angebot für die aktuellen Tätigkeiten zu erhalten. Kilyha brachte nochmals ganz andere Qualitäten mit, als ich sie in Surat gesehen hatte. Sie hat die Fähigkeit, sich voll und ganz in ein fremdes Projekt einzudenken, stellt wichtige Fragen und stellt auch hin und wieder die Entscheidungen des Auftraggebers in Frage, wenn es keinen Sinn macht, was vorgeschlagen wurde. Eine derartige Mentalität hatte ich in Indien bisher nicht erlebt. Die Leute machen einfach, was du ihnen sagst, ohne darüber nachzudenken. Um es grob auszudrücken: In vielen Köpfen herrscht eine “Sklaven-Herren”-Mentalität vor, die aber nicht gewinnbringend ist, für keinen der beiden Partner. So war ich sehr froh, sie hier getroffen zu haben.

Kurzes Meet & Greet mit Markus Spieker und seiner Frau Tabitha

Durch einen Freund in Deutschland, der seinerseits die frischgebackene Ehefrau von Markus Spieker kennt, konnten wir uns für eine Stunde mit dem Leiter des ARD Hauptstadtstudios in Delhi treffen. Nach einem guten Cappuccino und einem Mango-Smoothie hatten wir uns nicht nur interessant ausgetauscht, sondern sogar einen möglichen Plan für ein Projekt in Deutschland ausgedacht. Mehr dazu in ein paar Jahren 😉

Wurden wir auch mal über’s Ohr gehauen?

Delhi wurde uns immer wieder als gefährlicher Ort vorgestellt. Wir sind glücklich, dass wir nichts davon wirklich erleben mussten. Das einzige Erlebnis, das wir hatten, bei dem wir über’s Ohr gehauen wurden, fand aber nicht in Delhi, sondern in Surat statt. Auf der Suche nach einem weiteren möglichen Partner gelangten wir nach Eingabe der Adresse ins Navi nicht zu dessen Unternehmen – sondern in die Textilindustrie. Viel, Schmutz, Dreck und Armut begegneten uns dort. Hierhin verirrt sich so gut wie nie ein Tourist. Als wir, umgeben von Lärm und Gestank, direkt vor der angegebenen Adresse standen, wussten wir, dass man uns absichtlich eine falsche Adresse gegeben hatte: Das entsprechende “Unternehmen”, das im Internet mit tollen Bildern dargestellt war, existiert gar nicht. Von zuhause aus weißt du das aber natürlich nicht. Da werkelt dann jemand in Unterhosen aus seinem Schlafzimmer seiner Mutter und gibt sich als Leiter von mehreren dutzend Mitarbeitern aus…

Fazit der Reise

Durch eine kompakte Tour in 7 Tagen haben wir mehr von Indien gesehen, als wir erwartet hatten. Neben ergebnisreichen geschäftlichen Meetings und Projektgesprächen wurden wir bis ins private Umfeld ‘echter’ indischer Familien eingeladen. Dies verdanken wir auch unserer offenen Art – wer nur in seinem Hotel bleibt und die Sicherheit sucht, an dem wird vieles dieser Kultur einfach vorüberziehen.

Wir konnten mehr über die Arbeitsweise und den Do’s and Don’t’s indischer Unternehmen erfahren und bekamen Einblick in Lebens- und Glaubensausübung. Urlaub machen würde ich in Indien nicht, auch würde es mich nicht unbedingt ein zweites Mal dorthin ziehen, wenn ich nicht müsste. Es war jedoch eine Erfahrung, die absolut lebensbereichernd für mich als auch für Chris, meinen Reisekumpel war.

Fragen beantworte ich gerne in den Kommentaren etwas weiter unten!

Albert Brückmann

CEO der Meminto GmbH, Freiberuflicher Web-Consultant und Online-Marketer für zählpixel.com Ich bin 100% Geek und digital Native, Ehemann und Vater von drei Jungs im einstelligen Alter. Wenn ich nicht gerade an Projekten arbeite, bin ich als Sprecher auf Konferenzen und Seminaren unterwegs. Als Dozent an der DHBW Mosbach sowie als leidenschaftlicher Mitarbeiter einer Jugendgruppe umgebe ich mich gern mit jungen Leuten. Mein Motto? "Work hard, stay humble." LinkedIn | Twitter | Facebook

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