Wenn Männer älter werden, tendieren sie dazu, ihre Freundschaften verfallen zu lassen. Noch ist Zeit, um etwas dagegen zu tun.
Das ist jetzt etwas off-topic weil es weder um Web-Entwicklung noch Online-Marketing geht, aber so wichtig, dass ich es teilen wollte. Ich habe letztens einen Artikel gelesen, der mich zunächst verwundert gucken hat lassen, dann aber interessiert weiterlesen und schlussendlich einsichtig werden lassen.
Bin ich gerade dabei, in eine Alters-Einsamkeit abzurutschen? Lass’ uns das mal gemeinsam checken. Im Folgenden die Übersetzung.
Billy Baker, der Autor des Textes, sollte einen Essay zu einem bestimmten Thema verfassen. Dieses lautete “Warum Männer im mittleren Alter keine Freunde haben“. Zunächst fragte er, selbst im mittleren Alter, sich, ob das ein Scherz sei: “Wie bitte? Ich habe Dutzende von Freunden!” Der Redakteur auf der anderen Seite berichtete ihm von mehreren Beweisen, die darauf hindeuteten, dass Männer, wenn sie altern, ihre engen Freundschaften immer loser werden lassen. Fakt sei, dass diese Vernachlässigung alle möglichen Arten von Problemen hervorrufe und einen beträchtlichen Einfluss auf ihre Gesundheit hätten.
Nach einigem Hin- und Her entschloss er sich, darüber nachzudenken, gerade weil er sich als perfekten Gegenbeweis für diese Story sah.
“Ich dachte zuerst an meinen Kumpel Mark. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und ich rede regelmäßig mit ihm. Eigentlich sehr oft, wir hängen die ganze Zeit zusammen ab, genau genommen… ja, wie oft eigentlich? Vielleicht vier- oder fünf Mal im Jahr? Und dann gib es meinen anderen besten Kumpel von der High School, Rory. Wenn ich ehrlich bin, kann ich aber nicht sagen, wann ich ihn zuletzt gesehen habe. Ist es schon ein Jahr her? Das wäre möglich.
Dann gab es noch diese vielen anderen Freunde, bei denen es sich anfühlt, als ob sie immer noch in meinem Leben sind, weil wir uns in sozialen Medien oft “begegnen”, aber als ich innerlich die Liste der Freunde abarbeitete, von denen ich annahm, eng mit ihnen verbandelt zu sein, wurde mir schlagartig klar, dass ich viele von ihnen seit Jahren zum letzten Mal gesehen hatte. Einige sogar seit Jahrzehnten.
Als ich dann vom Büro des Redakteurs zurück in mein eigenes ging, erkannte ich, dass ich ganz im Gegenteil perfekt für diese Story geeignet war, weil meine eigene Lebensgeschichte bis jetzt eigentlich ganz typisch für die besagte Annahme war. Ich erkannte, dass ich mich auf lange Sicht auf genau diesem Pfad befand, der zu einer großen Gefahr führen würde.
Vivek Murthy, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der USA, sagte schon oft dass das am meisten verbreitete Gesundheitsproblem nicht Krebs oder Herzanfälle seien. Auch nicht Fettleibigkeit oder das Rauchen, sondern die Isolation, die Einsamkeit.
Ich, der typische Durchschnitts-Mann
Im Mai bin ich 40 Jahre alt geworden. Ich bin verheiratet und wir haben zwei kleine Jungs. Vor einigen Jahren bin ich in die Vorstadt gezogen, wo ich ein ziemlich schäbiges Häuschen mit weißer Hausverkleidung aus Vinyl gekauft habe. Davor stehen zwei alternde Kombis. Wenn ich mitten in der Nacht auf ein Lego-Steinchen trete, weil ich auf meinem Weg ins Bad bin, versuche ich mich selbst daran zu erinnern, wie niedlich es ist, dass ich mich scheinbar in einen Sitcom-Vater verwandelt habe.
[pullquote align=”right”]Unter der Woche dreht sich bei mir fast alles um die Arbeit. [/pullquote]Unter der Woche dreht sich bei mir fast alles um die Arbeit. Oder um für die Arbeit fertig zu werden. Oder um zur Arbeit zu fahren. Oder wieder heim zu fahren – von der Arbeit. Oder um die SMS an meine Frau, dass es heute auf der Arbeit wieder etwas später wird.
Fast alles andere dreht sich um meine Kinder. Ich verbringe viel Zeit damit, sie zu fragen wo ihre Sachen sind, und sie verbringen viel Zeit damit, mich um etwas “Daddy-Zeit” zu fragen. Es ist der süßeste Satz der Welt und ich bekomme ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich diese Worte höre. Weil sie mich immer dann darum fragen, wenn ich’s ihnen nicht geben kann – zum Beispiel, weil ich durch mein Handy abgelenkt bin oder mich durch die langweiligen, ständig auftretenden Sachen rund ums Haus kämpfen muss.
Gewöhnlich presse ich irgendwo eine Stunde “Daddy-Zeit” vor dem Schlafengehen heraus. Meistens toben wir durchs Zimmer oder ich lese ihnen aus einem Buch vor – und somit passiert die richtige “Daddy-Zeit” eher am Wochenende. Das ist zumindest mein Versprechen. “Ich muss arbeiten, aber am Wochenende…”, sage ich zu ihnen, “hab’ ich Zeit dafür!”
[pullquote align=”left” background=”on”]Wenn ich am Ende alles zusammenzähle, bleibt keine richtige Freunde-Zeit übrig.[/pullquote]Ich liebe diese “Daddy-Zeit”. Und ich bin ziemlich gut darin, irgendwo noch eine Stunde “Ich-Zeit” aus dem Tag herauszuholen, was dann bedeutet, dass ich früher aufstehe um laufen zu gehen. Aber wenn ich am Ende alles zusammenzähle, bleibt keine richtige “Freunde-Zeit” am Ende übrig. Ja, ich habe Freunde im Geschäft und im Fitness-Studio oder der Gemeinde, aber da laufen wir uns eher zufällig über den Weg. Ich sehe diese Leute eher selten außerhalb dieser Orte, weil wenn wir am Ende alles zusammenzähle, habe ich fast keine Zeit für Freunde. Irgendwie habe ich es geschafft, mich in dieser Beziehung in einer Loser zu verwandeln.
Menschen, die in Einsamkeit leben, sterben früher
Dr. Richard Schwartz, ein Psychiater aus Cambridge, hat ein Buch zum Thema geschrieben: “The Lonely American: Drifting Apart in the Twenty-First Century” (Der einsame Amerikaner: Das Auseinanderleben im 21. Jahrhundert). Er stimmt mir dabei zu, dass meine Geschichte sehr typisch anmutet. Wenn Menschen mit Kindern stark eingespannt sind, kürzen sie nicht die Zeit mit ihren Kindern, sondern mit ihren Freunden. “Und die Gefahren dieses Verhaltens sind unglaublich deutlich zu sehen”, sagt er.
Als er 1980 mit seinen Studien begonnen hat, zeigte sich wiederholt, dass Menschen, die sozial isoliert leben, eher früher sterben als Menschen, die sozial gut verankert sind und sich mit Freunden umgeben, selbst wenn man Aspekte wie Alter, Geschlecht, Lebensstile und bewusste Ernährungsweisen vorher ausgeschlossen hat. Einsamkeit kann mit einen Zunahme von Herz-Kreislauf-Störungen in Verbindung gebracht werden und verstärkt das Auftreten von Alzheimer. Eine weitere Studie belegt, dass Einsamkeit auf die Dauer genauso schädlich wie Tabakkonsum ist.
Viele weitere Studien, auch aus den letzten Jahren, belegen einen früheren Tod (Anstieg von 26 auf 32 Prozent) auf der Grundlage von gestiegener Einsamkeit. Erst 2015 wurden Daten von der Brigham Young University ausgewertet, die von 3,5 Millionen Menschen aus den letzten 35 Jahren dazu gesammelt wurden.
[pullquote align=”right” background=”on”]Ich bin doch nicht einsam![/pullquote]Laut Schwartz ist das Problem jedoch folgendes: Die meisten Menschen geben nicht zu, dass sie einsam sind. Sie denken wie ich, dass sie eigentlich gut sozial verbunden sind. Irgendwie fühlt es sich an, als würde man zugeben, ein Loser zu sein. Krankheiten wie Depression konnten glücklicherweise als solche erkannt und und entstigmatisiert werden – Menschen fürchten sich nicht mehr davor, zuzugeben, dass sie an Depressionen leiden. Aber zuzugeben, dass man einsam ist, würde bedeuten, dass du wie das Kind bist, mit dem früher niemand spielen wollte.
Dieses Kind bin ich aber nicht. Ich bin gesellig. Ich habe die Familie um mich herum. Ich habe überall “Freunde” – auf der Arbeit oder sonst wo. Ich kommentiere ihre Facebook Posts, und sie kommentieren meine. Meine Frau und ich kennen auch andere Paare, die wir mögen und öfter treffen. Es ist so einfach, in diese Falle zu treten und sich weis zu machen, das wäre gut genug. Und für viele Männer ist es das auch – bis die Frau nach der Scheidung die Freunde bekommt.
Was macht uns zu Freunden?
Ich bin sehr zögerlich, wenn ich sage, dass ich mich einsam fühle. Auch wenn ich ganz klar ein Paradebeispiel für die stille Mehrheit der Männer im mittleren Alter bin, die nicht zugeben wollen, dass sie nach Freundschaften hungern. Sogar wenn alle Aspekte in ihrem Leben das Gegenteil zu sagen scheinen. Jetzt, wo ich es erkannt habe, frage ich mich, was ich dagegen tun kann. Ich meine: wirklich TUN. Weil: Die Tricks, die ich versucht habe, funktionieren nicht. Ich habe mich oft mit anderen Leuten getroffen, mit denen ich mich gut verstehe. Aber meistens ist das ein- für allemal. Oder ganz selten. Es liegt nicht daran, dass wir uns nicht gut verstehen würden. Wir trinken das eine oder andere Bier, sprechen darüber wie verplant wir sind und geben uns nach dem dritten Bier auch damit zufrieden. Selten planen wir gezielt ein weiteres Treffen, weil wir beide meistens wissen, dass es sowieso nicht klappen wird. Schon gar nicht mit Ideen wie “Lass uns für eine Woche eine Klettertour machen“, wie sie ja eigentlich nach dem dritten Bier entstehen sollten. Eigentlich ist es ein höflicher Weg, den Ball Richtung Tor zu kicken – aber ihn nie wirklich reinzuhauen. Ich mag dich, du magst mich – reicht das? Macht uns das schon zu Freunden?
Wie aus Männern Freunde werden
[pullquote align=”left” background=”on”]Männer brauchen gemeinsame Aktivitäten.[/pullquote]Ein Wissenschaftler präsentierte zuletzt in Boston die Resultate seiner Studien, aus denen klar herauskam, wann Männer sich intuitiv gut verstehen: Männer brauchen eine gemeinsame Aktivität, um zusammenzufinden und zusammenzuhalten. Frauen haben es leichter, Freundschaften auch über’s Telefon zu führen. Meine Frau kann stundenlang mit ihrer Schwester telefonieren, obwohl sie sich jede Woche mindestens zweimal sehen. Ich finde das echt erstaunlich! Ich hasse das Telefon! Viele meiner Freunde sehen das ähnlich: Gespräche über’s Telefon sind meist sachlich und dauern in emotionalen Fällen seltener länger als fünf Minuten. Irgendwann sagt einer von uns: “Alles klar, wir sehn uns…” Männer bauen so keine Freundschaft auf. Nicht einmal, wenn sie einmal bei Neumond ein Bier miteinander trinken. Wir müssen gemeinsam eine Sache durchstehen. Und so zeigt auch eine weitere Studie, dass Männer ihre engsten Freundschaften in Zeiten intensiver Anstrengung schließen. Zum Beispiel während der Schulzeit, im Bund oder sportlichen Aktivitäten. Hier fühlen sich die meisten von uns gut.
Als ich mit Richard Schwartz gesprochen habe, machte er mich auf eine erstaunliche Sache aufmerksam: Bei einer genauen Untersuchung vieler Fotografien haben Wissenschaftler Menschen bei der Interaktion beobachtet. Wenn Frauen miteinander reden, tun sie es von Angesicht zu Angesicht. Männer stehen jedoch meistens Seite an Seite und schauen gemeinsam in die Welt hinaus.
Schwartz schließt damit, dass es für Männer besser ist, eine Regelmäßigkeit in ihrer Freundschaft zu betreiben – etwas, dass wirklich immer wiederkehrend passiert. Bei mir und Matt hat das im letzten Jahr gut funktioniert. Wie haben uns gemeinsam für den Boston Marathon angemeldet, und obwohl er in Chicago lebt und ich in Boston, standen wir wegen dem Training ständig in Kontakt. Unser Beziehung wurde so immer stärker und wir hatten die besten Konversationen, während wir Seite an Seite liefen. Seit der Boston Marathon aber gelaufen war, habe ich nicht mehr mit ihm geredet. Wir hatten keine weiteren Pläne, und so flachte das ab. Um weiterzumachen, muss jemand die Initiative ergreifen.
Die Fluchtfantasie
Immer, wenn es im Lotto mehr als $100 Millionen zu gewinnen gibt, kaufe ich ein Ticket. Meine Frau hält mich für blöd und denkt, ich würde nur unser Geld verschwenden. Ich sage ihr dann aber, dass sie den Sinn nicht begreift. Ich weiß, dass ich nicht gewinnen werde, aber solange die Gewinner-Veröffentlichung nicht mit großem Trara und den News Trucks vor meinem Haus endet, spielt sich in meinem Kopf folgendes Szenario ab: Was würde ich wirklich tun, wenn ich nicht dieses ganze andere Zeug tun müsste?
Eine Zeit lang gab es diese Fluchtfantasie, in der ich meine Familie in einen alten Volkswagen Bully packe und wir uns auf den Weg machen, um Amerika zu erkunden. Diese Fantasie kam zum Ende, als ich es schlussendlich wirklich geschafft hatte, genug Geld für einen Bully zusammenzusparen. Denn mit meinem Ersparten fuhr ich nicht auf Road Trips zu den Nationalparks, sondern – zu Autowerkstätten.
Der Bully ist wieder weg.
Die Fluchtfantasie auch.
Ich bin sehr glücklich in meinem Leben. Wenn ich jemandem zum Reden brauche, habe ich meine Frau. Alles, was ich brauche ist hier – außer die Kumpels. Ich würde gerne denken, dass sie mich auch vermissen und im gleichen Gefängnis der Verpflichtungen gefangen sind. Aber ich will nicht warten, bis wir alle in Rente sind und uns auf dem Golfplatz wieder treffen. Es fühlt sich blöd an, so lange zu warten – und dank dieser dummen Geschichte weiß ich nun auch, wie gefährlich das ist. Also bin ich bereit, mir einen fremden Plan anzueignen, die keinen Lotterieschein braucht.
“Mittwoch Abend”-Ozzy
Einige Jahre ist es her, da machte ich einen Kayak-Kurs. Irgendwann sagte ein älterer Mann (Ozzy war sein Name), dass er sich für Mittwoch abmelden müsse. Er könne nicht kommen, wegen “Mittwoch Abend”. Ich war etwas verwirrt und fragte ihn, worüber er rede. Er erklärte es mir und ich nahm mir vor, diesen Gedanken eines Tages von ihm zu übernehmen… wenn ich älter werde. Ich denke es ist Zeit um zuzugeben, dass es nun so weit ist.
“Mittwoch Abend”, so sagte Ozzy, sei ein Pakt zwischen ihm und seinen Kumpels, den er vor vielen Jahren geschlossen hatte. Sie hatten sich versprochen, dass sie jeden Mittwoch Abend (wenn sie in der Stadt waren) etwas gemeinsam unternehmen würden. Irgendetwas.
Alles an der Idee erschien mir sonderbar und auch tiefgründig: Der Name, der gar keiner war (typischer Männersache), es mitten unter der Woche stattfinden zu lassen und dass sie es so eine lange Zeit durchgehalten hatten. Aber die stärkste Sache sah ich in dem Zugeständnis, dass Männer ihre männlichen Freunde brauchen. Einfach so, ohne bestimmten Grund.
Ich habe versucht, Ozzy zu erreichen, aber er war im Winter Skifahren in Kalifornien. Die Nummer, die ich hatte, schien auch abgeschaltet zu sein. Als ich es per E-Mail versuchte, sagte mir jemand, dass er keine Mails schreibt. Dieser Typ scheint es verstanden zu haben. Okay Ozzy – ich nehme mir deine Mittwoch-Abend Idee.
Natürlich klappt das nicht bei jedem, aber Experten sagen dass sogar nur der Versuch eines Freundschaftsaufbaus sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken kann. Also denken wir dran, es wenigstens zu versuchen. Ich finde es in Ordnung, zuzugeben, dass ich etwas einsam bin. Macht mich nicht zu einem Loser. Und dich auch nicht.
Obviously, it’s not going to work every time, but experts say that even the act of trying to increase your friendships can benefit your health, so consider this the beginning of that. I’m OK with admitting I’m a little lonely. Doesn’t make me a loser. Doesn’t make you a loser. “Kumpels, was macht ihr am Mittwoch? Und den Mittwoch drauf? Und den drauf? Verstehe es als eine andauernde Verabredung. Lasst uns was zusammen machen!
Bild oben: © mjth